Montag, 22. September 2014

TRÄUME AM MEER/ Episode 7





„Bleib du da," rief Georg, „vielleicht  kommt er ja doch von selbst zurück. Ich gehe ihn suchen.“
Jetzt verschwand Georg auch in der Dunkelheit. Sie hörte ihn immer wieder Fipsi rufen.  Aber es wurde immer leiser, je mehr er sich entfernte.
Alice blieb in der erhellten Tür stehen.
Langsam wurde ihr kalt.
Dort und da hörte man ein paar Stimmen und ein paar Vögel rufen, aber Fipsi blieb verschwunden.
Alice schaute auf das durch den Mond beleuchtete Meer.
Ein wenig unheimlich war es schon so allein.

Plötzlich hörte sie Schritte näher kommen und ein leises Winseln.
Es war Georg, der Fipsi in seiner Lederjacke eingepackt hielt.

„Da ist der kleine Ausreißer,“ sagte er und hielt  Alice den kleinen triefenden Hund hin.
Alice nahm den winselnden Fipsi in Empfang.

„Bitte komm herein“, sagte sie zu Georg, der seine nasse Lederjacke ausschüttelte.
Sie wickelte Fipsi in ein Handtuch und rubbelte ihn trocken.
Der war aber schon wieder quietschvergnügt und ruderte so mit den Pfoten, dass ihn Alice auf den  Boden setzten musste. Fipsi begann im Haus wild hin und her zu laufen.
Alice schaute erschrocken auf die nasse Lederjacke.
„Hoffentlich ist die nicht kaputt! Natürlich komme ich für den Schaden auf.“
„Halb so schlimm," sagte Georg, „Hauptsache, Fipsi ist wieder da und es geht ihm ja offensichtlich gut."
„Scheinbar wollte er schwimmen gehen.“
Alice war unheimlich erleichtert und wäre Georg am liebsten um den Hals gefallen.
„Vielen, vielen Dank, dass du Fipsi gerettet hast!"
„Wie schön, dass ich dein Held bin“,  lachte Georg.
Georg entging nicht, dass Alice ein wenig zitterte.
„Ist dir kalt“, fragte er besorgt.
„Ein wenig." „Setz dich. Was magst du trinken?“ antwortete Lucia und zog sich eine Jacke über.
Georg setzte sich auf die weiße, weiche Ledergarnitur. „Vielleicht einen Kaffee, wenn es keine Umstände macht.“
Alice machte zwei Cappucinos und setzte sich neben ihn.
Fipsi hatte sich erschöpft in sein Körbchen zurückgezogen.
Sie kuschelte sich in ihre warme Jacke und wärmte die Hände an der Tasse.
„Ist dir gar nicht kalt?“
„Kein bisschen“, antwortete Georg und betrachtete sie lächelnd.
Nachdem sie den Kaffee ausgetrunken hatten, stand Alice auf:
„Vielleicht noch ein Glas Rotwein?“
„Gerne, aber es ist mir unangenehm, dass ich mich so von dir bedienen lasse.“
„Du hast ja was gut bei mir.“
Georg schaute erfreut: „Hab ich das?“
Lucia schaute ihn irritiert an. So hatte sie das nicht gemeint.
„Ich fürchte, du hast eine schlechte Meinung von mir“, sagte er und wieder hatte Alice das Gefühl, er könne Gedanken lesen.
„Nein, gar nicht, überhaupt nicht.“
Sie war froh, in die Küche gehen zu können, um den Rotwein und die Gläser zu holen.
„Darf ich“ sagt er und zeigte auf den Korkenzieher auf dem Tisch, als sie zurückkam.
Er öffnete die Weinflasche und goss den Wein in die Gläser ein.
Alice setze sich wieder in sicherem Abstand neben Georg.
Er hob das Glas.
„Auf das Wiederfinden von Fipsi.“ Als er den Namen nannte, hob Fipsi in seinem Körbchen den Kopf um aber gleich wieder einzuschlafen.
„Ist dir schon wärmer?“, fragte Georg besorgt.
Alice nickte und schaute abwesend zur Tür.
„Soll ich gehen?“
„Bitte nicht“, antwortete Alice und rückte ein Stückchen näher zu ihm.
Fortsetzung folgt

 

Montag, 15. September 2014

TRÄUME AM MEER / Episode 6

 
„Guten Appetit!“
Der Doc prostete Alice mit dem Weißweinglas zu.
„Auf den netten Abend,“ sagte Alice.
Das Essen schmeckte vorzüglich.
Nachdem sie aufgegessen hatten, kam die Wirtin an ihren Tisch.
„Entschuldigen Sie bitte, ich mag Sie nicht stören. Im Extraraum haben wir eine Hochzeitsgesellschaft. Jetzt spielt ein Sänger und Gitarrist für das Hochzeitspaar, ich hoffe, es stört Sie nicht. Ich fürchte, man wird das durch das ganze Lokal hören.“
Alice und Dr. Schieler beruhigten sie und erklärten, dass sie das absolut nicht stören würde.
Der Sänger fing zu spielen an.
„True love“, aus dem Film „Die oberen Zehntausend“. Da sangen es Bing Crosby und Grace Kelly…
Alice fing an mit ihrer Serviette zu spielen.
„Ich mag das Lied“, sagte Dr.Schieler und beobachtete sie.
Alice spielte immer noch mit ihrer Serviette und schaffte es nicht ihn anzusehen.
Bloß nicht heulen, dachte sie. Sie konnte das Lied nie hören ohne Tränen in die Augen zu bekommen.
Kaum war das überstanden folgte: „Something stupid.“
Alice atmete tief durch.
„Das mag ich, besonders mit Robbie Williams und Nicole Kidman“, sagte sie tapfer.
Die Wirtin kam wieder fürsorglich zum Tisch: „Als Nachtisch könnte ich Ihnen „Heiße Liebe“empfehlen.“
„Zweimal heiße Liebe?“, sagte Dr. Schieler und schaute Alice fragend an.
„Ja zweimal heiße Liebe.“ Sie sagte das mit einem tiefen Seufzer, dass beide lachen mussten.
Mit einem „Kommt sofort“ entschwand die Wirtin.
Dr. Schieler schaute Alice an und musste lächeln, weil sie so entzückend verlegen wirkte.
„Du“, er unterbrach sich. „Sie“ .. er brach wieder ab…
„Entschuldigung, ist ja furchtbar, was ich da zusammenstammle.“
Inzwischen kam die „Heiße Liebe“.
Und wieder einmal rettete das Essen die Situation.
Alice und Dr. Schieler löffelten wortlos ihre Nachspeise.
Jetzt ergriff Alice die Initiative: „Also ich bin für das Du. Auch wenn Du dich nur versprochen hast.“
„Ich heiße Alice.“
Dr. Schieler war erleichtert: „Ich heiße Georg.“
Inzwischen war der Sänger von nebenan bei : „You are so beautiful“ von Joe Cocker angekommen.
„Ich hoffe, du bleibst noch länger hier in Hohwacht, wir fangen doch erst an uns kennenzulernen.“
 „Vielleicht sollte ich doch noch bleiben, obwohl ich das nicht wirklich vorgehabt habe.“
Georg hob das Glas. „Auf eine schöne Zeit.“
„Auf eine schöne Zeit.“
„Hohwacht tut mir gut, endlich ist das Durcheinander in meinem Kopf besser. Ich liebe es, am Meer entlang zu laufen. Auf das Meer zu schauen. Mir Zeit für mich zu nehmen. Tun und lassen zu können was ich mag“.
Georg schaute sie fragend an.
„Ich bin nicht verheiratet, setzte Alice fort, meine Beziehung funktioniert nicht mehr. Ich verliere meinen Frohsinn und bin dabei meine Träume und Pläne zu begraben. Ich mag so nicht leben. Immer musste ich hören:“ „Das geht nicht. Das ist schwierig. Wie soll das funktionieren?" „Ich will fliegen, nicht ständig gebremst werden. Ich habe doch nur das eine Leben.“
Georg musste darüber lächeln, wie Alice temperamentvoll dozierte.
„Also nicht überarbeitet?" sagte Georg.
„Nein, so richtig unglücklich. Warum erzähl ich dir das alles? Ich bin furchtbar“. sagte Alice.
Georg schaute sie liebevoll an: „Ich finde es gut, dass du mir das erzählst. Du bist zauberhaft nicht furchtbar.“
Er griff ganz vorsichtig nach ihrer Hand. Alice schaute ihn traurig an.
„Alles wird gut – Hohwacht wird dir gut tun. Ich mag dir helfen.“
„Ich mag stark sein, und ich mag keinen Therapeuten.“
Georg schüttelte den Kopf: „Ich will nicht dein Arzt sein. Du hast mir vom ersten Augenblick an gefallen.“
„Wollen wir langsam  gehen,“ fragte Alice.
Er zahlte und sie gingen wieder an der Küste entlang zurück.
Es war Vollmond. Er beleuchtete den Weg und spiegelte sich im Meer.
Sie kamen bei Alices Haus an.
Sie sperrte die Tür auf und drehte sich zu Georg um: „Magst du noch hineinkommen?“
Die Tür sprang auf und Fipsi, der offenbar schon hinter der Tür gelauert hatte, rannte an ihnen vorbei in die Dunkelheit.
„Fipsi“ rief sie, aber er war nirgends zu sehen oder zu hören…
 
Fortsetzung folgt
 
 
 
 
 

Dienstag, 9. September 2014

TRÄUME AM MEER/ Episode 5

 
 

Dr. Schieler machte eine Vollbremsung.
Fipsi sprang bellend zur Seite.
„Entschuldigen Sie bitte, offenbar habe ich nicht aufgepasst.“
„Ich glaube, ich muss mich entschuldigen, ich bin ihnen vor das Rad gelaufen,“ sagte Alice.
„Vielleicht können wir die Schuldfrage heute bei einem Glas Wein klären?“ meinte der Doc.
Irgendwie hörte sich das mehr nach einer Bitte als eine Frage an...
Sie schaute ihn an. Er sah schuldbewußt aus und ein wenig müde.
„Ich hoffe, sie fühlen sich nicht belästigt,“ fügte er hinzu.
„Nein, ich habe heute durch Zufall sowieso noch nichts vor,“ sagte sie ein wenig zu schnell.
„Ich könnte Sie um 8h abholen, wäre das okay? Ich wüsste da ein gemütliches Lokal, in dem man exzellent Fisch essen kann.“
„Gut um 8h. Wo ich wohne wissen sie?“
„Das habe ich mir durch Zufall gemerkt“, schmunzelte er und langsam wirkte er wieder sicherer.
„Tschüss, bis später.“ „Tschüss“.
Er radelte davon.
Die letzten Meter zu ihrem Haus wurde sie immer schneller.
Fipsi kam kaum nach.
Nachdem sie die Tür geschlossen hatte, lehnte sie sich innen an sie an.
Ich bin verrückt, dachte sie. Ich kann doch nicht einfach mit einem fremden Mann essen gehen.
Sie füllte Fips den Futternapf und gab ihm frisches Wasser in seinen Trinknapf.
Was soll ich anziehen, schoss es ihr durch den Kopf.
Sie ging die Stiegen zu ihrem Schlafzimmer hoch und öffnete den Kleiderschrank.
Sie probierte verschiedene Kleidungsstücke, besah sich im Spiegel, entschied sich dagegen.
Am Bett stapelte sich alles, was sie als ungeeignet verworfen hatte.
Sie schaute auf die Uhr. Kurz nach Sieben.
„Ich sage ab, ich hab nichts anzuziehen und überhaupt was für eine Idee, die Einladung anzunehmen,“ schalt sie sich. Sie ging unter die Dusche und wusch ihre Haare.
Dann zog sie ihren flauschigen Morgenmantel an und föhnte sich.
Im Spiegel sah sie, dass ihre Haut ein wenig Bräune bekommen hatte.
Das passte gut zu ihrem dunklen Haar.
Ihre Laune wurde besser.
Sie entschied sich für eine weiße Hose mit einem schwarzen locker fallenden Oberteil.
Alice schminkte sich geschickt ohne angemalt auszusehen.
Sie nahm ihre goldenen Creolen und ihr Lieblingsparfum.
Ein wenig hatte sie noch Zeit.
Sie drehte und wendete sich vor dem Spiegel. Dann legte sie sich einen weißen Pullover um die Schultern und zog flache schwarz- weiße Schuhe an.
Fipsi hüpfte erfreut.
Offenbar wollten sie noch weggehen.
Alice beugte sich zu Fipsi: „Du bleibst heute da, aber ich komme bald wieder.“
Kurz vor 8 Uhr läutete es.
Dr. Schieler stand vor der Tür. Er hatte eine Jeans mit einem weißen Hemd an.
In der Hand trug er eine schwarze Lederjacke.
„Guten Abend“, sagte er lächelnd.
„Guten Abend.“ Mit Mühe bekam sie die Tür zu, denn Fipsi wollte unbedingt mit.
Nachdem er ein wenig gejault hatte, zog er sich offenbar beleidigt zurück.
„Ich habe für uns einen Tisch im "Klabautermann" bestellt, wir müssen ein wenig gehen, ich hoffe, das stört Sie nicht.“
Er schaute auf ihre Füße. „Perfekt für unseren Ausflug.“
Sie machten sich auf den Weg, die Küste entlang und er leuchtete mit seinem Handy an den Stellen, wo die Beleuchtung schwach war.
Sie unterhielten sich über das Wetter und über das Lokal, das er in höchsten Tönen lobte.
Zwischendurch entstanden immer wieder Pausen.
Nach einiger Zeit erreichten sie den „Klabautermann.“
„Was für ein uriges nettes Lokal.“ Alice war schon von außen begeistert.
Im Inneren des Lokals wurden sie herzlich begrüßt.
Dr. Schieler war hier offenbar öfters.
Die Chefin führte sie im voll besetzten Lokal zu einem Tisch, der ein wenig abseits in einer Nische stand.
„Möchten Sie auch ein Bier, ich denke das haben wir verdient?“.
Alice stimmte ihm zu.
„Als Essen könnte ich Ihnen Dorsch mit Bratkartoffeln empfehlen.“
Sie mochte, wie er das sagte und musste lächeln.
Dr. Schieler wertete  das als  Zustimmung.
„Mögen Sie Weißwein?“ Alice nickte. Schon lange hatte sich niemand so bemüht um sie.
Er bestellte: „Lütt und Lütt“ und es wurden zwei Bier und zwei Schnäpse serviert.
Er hob das Glas. „Danke, dass Sie mitgekommen sind, - auf uns!“
Alice lächelte ihn an. Sie hatte sich schon lange nicht mehr so wohl gefühlt.
„Wie lange werden Sie noch bleiben?“ fragte er.
„Um ehrlich zu sein, ich weiß es noch nicht,“ antwortete Alice.
Und obwohl sie sich vorgenommen hatte, nichts von ihren Problemen zu erzählen, sagte sie: „Ich habe mir eine Auszeit genommen.“
Dr. Schieler schaute sie ein wenig besorgt an.
„Kann ich ihnen vielleicht helfen?“
Gerade das hatte sie vermeiden wollen. Sie wollte nicht hilflos und unglücklich wirken.
„Danke, nur ein wenig überarbeitet,“ wich sie aus. Sie hatte keine Lust von ihrer gescheiterten Beziehung zu erzählen, und dass sie momentan eigentlich überhaupt nicht wusste, was sie wollte.
Der Doc schaute sie zweifelnd an.
„Aha überarbeitet“, wiederholte er.
Und als ob er Gedanken lesen konnte: „Ich bin seit zwei Jahren geschieden, das war keine einfache Zeit.“
In diesem Moment kam das Essen und Lucia war von ganzem Herzen froh, dass sie das Thema wechseln konnte: „Das schaut ja köstlich aus!“ 

Fortsetzung folgt