Es hätte keine Ausrede gebraucht am 9. Dezember nicht zum
Begräbnis auf den Zentralfriedhof
zu gehen…
Das Hindernis war offensichtlich…
Schneechaos in Wien, Blizzard, Straßen nahezu nicht
befahrbar, Eiseskälte durch den extremen Wind…
Aber ich brauche keine Ausrede. Ich möchte einen Menschen
auf seinem letzten irdischen Weg begleiten, der mir ganz, ganz viel bedeutet.
Der Weg vom Tor 2 zur Karl Lueger Gedächtniskirche sind ca.
200m.
Gefühlt viel länger, und uns erfassen wahre Schneeböen…
Als wir uns durchgekämpft haben, erklimmen wir die teils
eisigen Stufen die hoch hinauf gehen
und uns zur Kirche führen.
Wir betreten- nein eigentlich weht es uns in die Kirche…
Sie ist ein Gesamtkunstwerk mit ihrer blauen
Sternenkuppel, die Malerei um den
Hochaltar.
Wie erwartet, ist sie fast bis zum letzten Platz besetzt und
auch noch nach uns strömen Besucher herbei.
Jugendfreunde, die ich ewig nicht gesehen habe… und ich
fühle mich zurückgesetzt in die Zeit von damals.
Ich war elf und kam ins Gymnasium.
Wir hatten die erste Religionsstunde und da kam der Mann in
die Klasse, von dem ich mich heute
verabschieden muss…
Anfang 30, mit auffallend hellblauen Augen… mit einem
unglaublichen Charisma.
Bei diesem Mann hat
man damals schon gespürt, dass er Unglaubliches bewerk stellen würde.
Oder besser, es hat mich nicht überrascht…
Als ich erfuhr, dass er im Alsergrund Kaplan war, ging ich dort regelmäßig in die Messe und
lernte
die Kolpinggemeinde kennen, mit der ich mich heute noch
verbunden fühle…
Ein Geräusch holt mich in die Gegenwart zurück.
Der Sturm tobt um die Kirche. Das ist deutlich zu hören…
Wir feiern gemeinsam die Messe und durch die sehr persönlich
gehaltenen Reden, wird mir
das Leben von Ludwig noch einmal vor Augen geführt…
Ein 14 jähriger Bub der aus einem kleinen Ort in ein Internat
kommt, in der Folge Priester wird und
bis zum Bundespräses von Kolping Österreich aufstieg.
Ein Mann der Verständnis für die Nöte aller hat, der immer bereit ist
zu helfen, wenn das nur irgendwie möglich ist. Der mit unglaublicher Energie
das Motto: “Geht nicht gibt’s nicht vertritt“.
Der Weg mit dem Sarg zum offenen Grab erlaubt keine
Musikkapelle und kein gemessenes Geleit…
Alle müssen eilen um dem Schneesturm und der dazugehörigen
Eiseskälte wieder schnell zu entkommen.
Der Abschied kann so nur ganz kurz gehalten werden…
Neben mir steht ein lieber Jugendfreund: „Wir begraben unsere
Jugend“, sagt er und spricht genau
das aus, was ich gerade fühle…
Und irgendwie bin ich traurig und fühle mich gleichzeitig so
sehr beschenkt, ihn gekannt zu haben…
Solche Ereignisse kann man nicht erleben ohne sich zu
verändern…
Und es fühlt sich gut an, das fortzusetzen was er angefangen
hat…
Egal in welchem Rahmen…
„Im Himmel sehen wir uns wieder!“
Ich hoffe, ich habe noch ganz viel Zeit für meine neu
gefundenen Pläne…
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