Anna und Jonas flogen und
Anna wagte erst gar nicht nach unten zu schauen. Als sie es dann doch tat, entdeckte sie den See, Häuser,
Straßen, Wiesen, alles so klein wie Spielzeug. Sie wurde immer mutiger, und langsam begann sie, dieses
unbeschreibbare Gefühl der Freiheit, das ihr Jonas beschrieben hatte, zu
empfinden.
Sie wünschte sich so sehr, diese Furchtlosigkeit, die sie
gerade hatte, noch lange behalten zu können. So weit weg war alles, was sie
belastet hatte. So irgendwie das Gefühl, es würde sich immer für alles eine
Lösung finden lassen.
Jonas lenkte geschickt den Gleitschirm und so segelten
sie in großen Kurven durch die Luft. Langsam sanken sie tiefer und alles war deutlicher
zu erkennen. Nach einiger Zeit kamen sie über eine große
Wiese, wo sie landeten.
„Na wie hat es dir gefallen,“ fragte er, und erklärend
fügte er hinzu. „Die Wiese gehört meinen Eltern.“ Anna schaute Jonas strahlend an. „Einfach großartig!“
Aus einiger Entfernung kam ein Mann auf sie zu. „Mama und ich
haben deinen Gleitschirm entdeckt, hab gedacht vielleicht kann ich dir beim
Transport helfen.“ „Das ist lieb, danke, darf ich vorstellen," sagte Jonas.
„Das ist Anna und das ist mein Vater.“
Anna und Jonas hatten sich vom Fallschirm befreit. „Wollt ihr vielleicht auf einen Kaffee vorbeikommen?“
fragte der Vater. Anna hatte inzwischen ihr Handy aufgedreht. „Oh weh, die
wollen schon einen Suchtrupp nach mir ausschicken. Drei Anrufe und vier SMS.
Meine Eltern warten auf mich,“ sagte sie bedauernd.
„Na dann kümmere ich mich um den Fallschirm," sagte der
Vater, „kümmere du dich um Anna!"
Zu Jonas Elternhaus war es nur etwa 15 Minuten. Jonas
Auto stand dort und so beschlossen sie, dass er sie gleich in die Pension Adler
bringen würde. Jonas nahm Anna vor der Pension ganz fest in die Arme. „Bis bald?" fragte er sie „Bis bald.." sagte sie und ging
dann mit schnellen Schritten in Richtung der Pension. Kurz drehte sie sich um und winkte Jonas zu, der sich
nicht entschließen konnte, los zu fahren. Dann ging sie zu Jonas Auto zurück, beugte sich zu ihm
und küsste ihn auf den Mund.
In ihrem Pensionszimmer packte sie alles schnell ein. Sie
wollte die Eltern nicht noch länger warten lassen. Die Fahrt zu ihren Eltern dauerte ca. eine Stunde und
Anna lenkte ihren Mini durch kleine gepflegte Dörfer und Landstraßen. Sie hatte das Fenster hinuntergekurbelt und so
atmete sie die angenehme warme Landluft ein. Zwischendurch warf sie einen Blick auf ihr Handy. Jonas
fehlte ihr schon jetzt.
Sie bog zu dem
vertrauten Sommerquartier ihrer Eltern ein. Da stand das weiße Haus mit
den braunen Fensterläden, den mit bunten
Blumen gefüllten Blumenkisten. Davor der kleine Bauerngarten.
„Ich bin so froh, dass du da bist,“ sagte Annas Mama und
umarmte sie ganz fest. Annas Vater kam
dazu, und auch er nahm sie in die Arme. Ihren Koffer brachte Anna in das Zimmer, das sie jeden
Sommer seit 25 Jahren bewohnte.
Sie checkte ihr Handy - keine Nachricht. Sie schrieb
Jonas: „Bin gut angekommen, danke vielmals für alles – bis hoffentlich
bald. Anna."
Als sie in den Garten kam, wartete schon ein reichlich
gedeckter Tisch auf Anna. „Ist das herrlich, dass ich endlich wieder einmal da bin,
sagte sie. Die Zeit verging wie im Flug, sie hatten sich so viel zu
erzählen. Sie schaute immer wieder auf ihr Handy. Keine Nachricht.
„Alles in Ordnung mit dir?“ fragte die Mutter besorgt. „Ja alles in Ordnung, nur bissi müde,“ antwortete Anna. Langsam wurde es dunkler und ein wenig kühler. „Wenn du willst können wir hineingehen,“ meinte Annas
Mutter. „Wie ihr wollt, sagte Anna abwesend und half den Tisch
abräumen. Im Haus war immer die Sitzecke ihr Lieblingsplatz. Aus braunem Holz mit Herrgottswinkel. Der schwere
Holztisch mit einem sommerlichen Tischtuch bedeckt. In der Mitte eine
Blumenvase mit Sonnenblumen gefüllt. „Deine Lieblingsblumen,“ Annas Mutter schaute
Anna fragend an. Der Vater heizte den Kachelofen ein.“ Dir ist eh immer
bissi kalt“ sagte er liebevoll.
„Ist der Handyempfang hier gut,“ fragte Anna und schaute
wieder auf das Display. „Ja“ lachte die Mutter, deine SMS kommen immer an.
„Trinken wir ein Gläschen Wein,“ schlug der Vater vor. „Alles okay?“ schickte Anna wieder eine SMS an Jonas. Als sie eine Stunde später wieder auf ihr Handy schaute,
fand sie wieder keine SMS.
Der Vater ging zur Tür hinaus um weiteres Holz zu
holen. Die Tür war offen und er sprach mit jemandem.
„Anna,“ sagte er, als er mit ein paar Scheiteln Holz
hereinkam, „da ist jemand für dich!"
Fortsetzung folgt
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